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"GERHARD RICHTER. LANDSCHAFT"

"GERHARD RICHTER. LANDSCHAFT"

27.03.2021 Ausstellung im Kunsthaus Zürich, bis am 25. Juli 2021


Bild oben: Gerhard Richter, Seestück (See-See), 1970, Öl auf Leinwand, 200 × 200 cm, Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie; Foto: bpk/Nationalgalerie, SMB/Jörg P. Anders (Bild zur Vergrösserung anklicken)

Mit Gerhard Richter wird im Kunsthaus Zürich einer der be­deutendsten zeitgenössischen deutschen Künstler gefeiert. Es ist die erste Einzelausstellung im Kunsthaus und sie widmet sich einer zentralen Bildgattung seines Schaffens, der Landschaftsmalerei.

Zu sehen sind 140 Arbeiten, die meisten davon erstmals in der Schweiz oder nach Jahrzehnten wieder öffentlich, wie das "Stadtbild PX" (1968), spektakuläre "Seestücke" aus Berlin und Bilbao und das energiegeladene "Dschungelbild" (1971) aus Privatbesitz. Neben 80 Gemälden werden Zeichnungen, Fotocollagen, übermalte Fotografien, Druckgrafiken und Künstlerbücher präsentiert. Auf 1'200 Quadratmetern durchlaufen die Besucherinnen und Besucher Richters Schaffensprozess von 1957 bis 2018.

Landschaften aus zweiter Hand

Von Anbeginn sieht Richter die Landschaft durch das mechanische Reproduktionsmedium der Fotografie. Überwiegend eigene Fotos bilden den Fundus für diese Bilder. Der Künstler stellt somit im Prinzip keine Landschaften, sondern Fotografien von Landschaften dar. Die spezifisch fotografische Ästhetik von Ausschnitt, Bildaufbau und Farbigkeit bleibt deutlich sichtbar, wie etwa in dem Ölgemälde "Waldhaus" (2004) mit Blick auf das Angestelltenhaus des berühmten Hotels in Sils Maria. Damit beginnt seine kritische Reflexion der verlorenen Möglichkeiten der Malerei.

Landschaften in der Abstraktion

Vor allem in den 1960er- und 1970er-Jahren entstanden stark abstrahierte Gebirgs-, Park- und Stadtbilder, die die Möglichkeiten einer ursprünglich fotografisch basierten Abstraktion malerisch noch weiter ausloten. Diese Werke changieren zwischen abbildhaft dargestellten Landschaftsmotiven und einer selbstreferenziellen Farbmaterialität in breiten Pinselstrichen. Bei diesem dualistischen Prinzip geht es nicht um eine klassische Abstraktion im Sinne einer Autonomisierung der Form, sondern vielmehr um die Frage, wie weit man – ausgehend von fotografischen Vorlagen – die Verselbständigung der Form treiben kann. Das zweiteilige, 250 x 680 cm messende Werk "St.Gallen" (1989) ist in der Abstraktion so weit gediehen, dass selbst Einheimische keine topografischen oder architektonischen Merkmale ihrer Stadt wiedererkennen.

Landschaften als fiktionale Konstrukte

In den 1970er- und 1990er-Jahren produzierte Richter auch Landschaften in Form fiktionaler Konstrukte. Anhand von Ölgemälden, Druckgrafiken, Fotocollagen und einem dreidimensionalen Objekt stellt er Landschaften und monumentale Räume dar, die es in der Wirklichkeit nicht geben kann. Meeres-, Berg- und Wolkenbilder wurden motivisch so zusammengesetzt, dass sie aufgrund ihrer Grösse oder Anordnung jede reale Erfahrung übersteigen.

Übermalte Landschaften

Ungegenständliche Übermalungen mit Ölfarben entstehen ab 1965, wobei so vielfältige, immer auch physisch geprägte Techniken wie das Abklatschen, Abschaben, Aufspachteln und Überrakeln zum Einsatz kommen. Durch die Fotografie einer Landschaft wird abbildhaft ein gegenständliches Motiv vermittelt, während gleichzeitig eine abstrakte Farbmaterie auf der Fläche appliziert wird. Diese zwei Wirklichkeitsebenen – auch mit Titeln ohne Ortsangabe wie bei "10.Apr.2015" (2015) – erscheinen als eine ineinander verzahnte Einheit, sie gehen hier eine enge, spannungsreiche und zugleich subtile Verbindung ein.

Landschaft in unruhigen Zeiten

Unsere Bewunderung für Landschaften und ihre ästhetische Qualität steigt zu Beginn der  Industrialisierung im 19. Jahrhundert. Und ihre Wertschätzung wächst mit deren Verwüstung durch Kriege und ökologische Katastrophen. Die Evokation eines starken Gefühls ist der Kunst- und der Landschaftsbetrachtung gemein.

Das Jahr 2021 steht noch im Zeichen der Corona-Krise, deren spürbarste Konsequenzen auf persönlicher Ebene das Physical Distancing sowie die starken Mobilitätseinschränkungen sind. Die Programmierung der Ausstellung in dieser Zeit ist ein Hoffnungsschimmer. Ein Besuch im Kunsthaus Zürich macht deutlich, wie wertvoll sinnliche Erfahrungen im gemeinschaftlichen Rezeptionsvorgang sind, vor allem dann, wenn sie zu Projektionsflächen von Sehnsucht werden, wie im Falle von Gerhard Richters Landschaften.

Kuratoren: Hubertus Butin (Berlin) und Cathérine Hug (Kunsthaus Zürich)

khz

Kontakt:

https://www.kunsthaus.ch/besuch-planen/ausstellungen/gerhard-richter/ 

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gerhard richter
Bild: Gerhard Richter, Stadtbild F, 1968, Öl auf Leinwand, 200 × 200 cm, Städel Museum, Frankfurt am Main, Dauerleihgabe der Deutschen Bundesbank; Foto: Wolfganz Günzel

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